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Vielleicht muss man in einem Land leben, welches nicht zur EU gehört, um sich von der aufgeblasenen Amtssprache aus Brüssel nicht beeindrucken zu lassen und die inhaltliche Leere dahinter zu sehen.
In der ganzen obrigkeitlich-umständlich abgefassten «Entschlissung des Europäischen Parlaments vom 17. Juni 2010 zum Thema Ein neuer Schwung für die Strategie für die nachhaltige Entwicklung der europäischen Aquakultur » findet sich nichts, was hoffen liesse, es werde bald Tierwohl und Nachhaltigkeit in den Fischzuchtanlagen Europas herrschen.


Ein Text für alle und für nichts

Zuerst einmal fällt auf, dass der Beschluss fast von allem, was sich verschiedene Kreise von der oder für die Fischzucht erhoffen, etwas enthält. Es ist keine klare Richtung erkennbar, mal geht es um mehr Fischzucht, dann um mehr Nachhaltigkeit, ein strategieloses, unscharfes und unentschiedenes Papier mit dem Ziel breitestmöglicher Zustimmung.


Von Tierwohl keine konkrete Spur

Was als zweites auffällt, ist die Leere in den Köpfen in Bezug auf das Tierwohl der Zuchtfische. Der Begriff wird im Text zwar dreimal angesprochen, doch immer im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit oder Tiergesundheit.
Es fehlt ganz offensichtlich ein Verständnis dafür, dass Tierwohl ein Ziel per se sein muss (und wäre es auch allein aus Qualitätsgründen).
Und es fehlt folgerichtig eine Erwähnung der grössten Aufgabe, die zur Verbesserung des Tierwohls gelöst werden muss: nicht bei Transport und Schlachtung, wie es der Text v.a. insinuiert, sondern beim gesamten Lebenszyklus, von der Planung der Reproduktion bis zur Schlachtung.
Diese Aufgabe wahrnehmen hiesse, dass die meisten bestehenden Anlagen umgebaut, wenn nicht gar definitiv geschlossen werden müssten. Doch so weit darf Tierwohl natürlich nicht mal angedacht werden...

So fehlen denn auch konkrete Angaben: Was genau soll verbessert werden, auf welches Mindestniveau und bis wann?
Dass die Europarlamentarier/innen dies nicht sagen können, selbst wenn sie's wollten, wäre keine Schande. Niemand in der Branche kann dies sagen, weil die Forschung hierzu fehlt. Aber dies zu erkennen wäre die Aufgabe des Parlaments.

Darum:
Wenn die EU überhaupt Gelder zur Unterstützung der Fischzucht ausgeben soll, dann für die Erforschung der Ethologie der künstlich gehaltenen Spezies, von deren arteigenen Bedürfnissen noch viel zu wenig bekannt ist.
Gleichzeitig müsste das EP dafür sorgen, dass die EU nicht weiter Geld ausgibt für die Zucht von Fischarten, für die noch keine ethologischen Studien vorliegen, die ausreichen, um Mindestanforderungen an Zucht und Haltung festzulegen.
Diese beiden Forderungen (Forschung und Moratorium) gehörten ganz vorn in den Beschluss des EP. (In unserer Stellungnahme zur Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) der EU sind diese Forderungen enthalten.)


Fischkonsum weit über nachhaltigem Mass

Zum dritten fällt auf, dass die weitere Zunahme des Fischkonsums fast axiomatisch hingenommen wird. Europa braucht mehr Fisch und soll ihn vermehrt selber produzieren und dabei jene, die das tun, vor billigerer Konkurrenz aus Übersee schützen.

Die EU soll auch Informationskampagnen führen, und zwar zugunsten der Aquakulturerzeugnisse. Sie soll also den Konsument/innen vorgaukeln, dank der Fischzucht könnten wir weiterfahren mit steigendem Fischkonsum, das einzige Problem sei bloss, dass wir halt Produkte aus Fischzucht akzeptieren müssten.

Wenn die EU eine Kampagne führen soll, die ihren Bürger/innen nützt, dann ist es eine zur Reduktion des Fischkonsums – und für Alternativen zur angeblichen Notwendigkeit des Fischkonsums (Omega 3), wie wir das schon in unserer Stellungnahme zur GFP-Reform gefordert hatten.


Unklare Zielsetzung betreffend Fischmehl

Der Beschluss des EP erwähnt zwar das Problem des vergleichsweise viel zu hohen Inputs von Fisch zur Fütterung vieler Arten in der Fischzucht und benennt auch mögliche Lösungen (Friedfische züchten, pflanzliche Alternativen zu Fischmehl).

Das bleiben aber wirkungslose Absichtserklärungen, da konkrete Vorgaben fehlen:
- maximal tolerierbare fish in : fish out ratio?
- ab wann einzuhalten?
- wie gelangt das hochgelobte Omega 3 in Friedfische, ohne Fischöl im Futter?
- wie wird verhindert, dass die Produktion pflanzlicher Omega-3-Träger für Futter die direkte menschliche Ernährung konkurrenziert?


Staatliche Einmischung am falschen Ort

Schliesslich fällt eine enorm statistische Tendenz auf, die sich quer durch den  Beschluss zieht. Ausgerechnet die EU, die es trotz wiederholter Reformen bis heute nicht geschafft hat, die von ihr subventionierte Fischerei nachhaltig zu gestalten, soll es schaffen, die Fischzucht mengenmässig zu fördern und zugleich nachhaltig umzugestalten. Es wäre klüger, die EU hielte sich da etwas zurück.

Einmal mehr soll die EU ein Label schaffen. Labels sind eine mehr oder weniger gut fundierte Werbeaussage, mit welcher sich ein Anbieter von seinen Mitbewerbern abzuheben sucht. Es ist nicht die Aufgabe der öffentlichen Hand, selber auch auch noch Labels zu schaffen, hingegen soll und kann sie dem Markt einen Rahmen setzen, indem sie im Sinn es Schutzes vor Täuschung Mindestanforderungen festlegt, die ein Label zu erfüllen hat. Diese beiden Ebenen werden von Politikern immer wieder durcheinander gebracht, um Schaden der innovativen Kräfte im Markt.

https://flattr.com/profile/billo

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